Transport & Logistik
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Prüfpositionen für Logistikdienstleister in der Corona-Krisensituation

23. März 2020 von Dr. Marcus Schriefers, M.C.L.

Vertragliche Positionen

Der Dienstleistungsvertrag mit dem Kunden ist zu prüfen. Zu unterscheiden ist dabei, was für Rechte ergeben sich aus dem Vertrag gegenüber dem Kunden, der Leistungen nicht mehr abruft. Welche Rechte hat ein Dienstleister, der Leistungen nicht mehr erbringen kann?

Im 1. Fall sind folgende Punkte zu überlegen: 

  • Welche Ansprüche ergeben sich gegenüber einem Kunden bei reduzierten Mengen? Wieweit ist der Kunde berechtigt, sich auf höhere Gewalt zu berufen? Wie weit müssen staatliche Ersatzleistungen auf Ansprüche gegenüber einem Kunden angerechnet werden? 

  • Welche Anpassungen an einem Vertrag kann man vornehmen, Abwicklung von Zusatzmengen und Zwischenpufferung von Waren, umgekehrt das Handling von Mindermengen? Welche Möglichkeiten bestehen, geringere Mengen prioritär abzuwickeln? Können „Betriebsferien“ zum Beispiel vorgezogen werden? 

  • Können alternativ andere Transporte für Dritte durchgeführt werden gegen teilweise Ruhen des ursprünglichen Vertrages mit dem Kunden? 

  • Kommt gegebenenfalls eine Kündigung des Vertrages in Betracht? 

Im 2. Fall sind folgende Punkte zu prüfen: 

  • Wird die Leistung durch die Anordnung einer Behörde unmöglich - dazu zählt auch die angeordnete Quarantäne für Mitarbeiter - ist das ein Fall von höherer Gewalt, der von der Leistungspflicht befreit. Der Kunde ist darüber sofort zu informieren. Der Kunde ist nicht verpflichtet, die nicht erbrachten Leistungen zu vergüten. 

  • Kann der Dienstleister Leistungen nur noch zum Teil erbringen, weil Mitarbeiter erkrankt sind oder aber sich in einer freiwilligen Quarantäne befinden, ist das nicht unmittelbar ein Fall höherer Gewalt, man kann aber wohl davon ausgehen, dass deutsche Gerichte das entsprechend behandeln werden und damit der Dienstleister von der Leistungspflicht befreit wird, soweit die Leistungen durch den Wegfall von Personal nicht erbracht werden können. Auch hier aber gilt, dass eine unverzügliche Information erforderlich ist und nicht erbrachte Leistungen auch nicht vergütet werden. 

  • Entscheidet der Dienstleister im Rahmen einer Risikoabwägung ohne konkrete krankheitsbedingte Ausfälle von Personal, Standortschließungen etc. Leistungen einzustellen, tut er dies auf eigenes Risiko. Die Annahme einer höheren Gewalt ist aus unserer Sicht in diesem Moment nicht gegeben. Der Dienstleister erfüllt also seine Vertragspflichten nicht und wird schadenersatzpflichtig. 

Arbeitsrechtliche Positionen

Anordnung von Kurzarbeit 

  • Arbeitsvertragliche Zulässigkeit, Einzelvereinbarung, ggf. Betriebsvereinbarung, in seltenen Fällen Tarifvertrag, Vorschusspflicht des Arbeitgebers und Aufstockungsmöglichkeiten, Unterstützung bei Antragstellung & Abrechnung. 

Kündigungen 

  • Ggf. außerordentliche Änderungskündigung zur Durchsetzung von KUG; KUG und betriebsbedingte Kündigungen schließen nicht zwingend einander aus, KUG indiziert aber, dass kein dauerhafter Beschäftigungswegfall vorliegt – was indes Voraussetzung für eine betriebsbedingte Kündigung ist. 

Anrechnung von Urlaub und Überstunden 

  • Betriebsurlaub, Anordnen von Erholungsurlaub, unbezahlter Urlaub, Anordnung des Abbauens von Überstunden, ggf. Minus aufbauen durch Anordnung des Arbeitgebers, soweit rechtlich möglich, oder einvernehmlich (aber nicht erforderlich für KUG); Freistellungen wg. Schulschließung, Krankenpflege, Quarantäne, angeordnete Schließung des Betriebs o.Ä. 

Vergütung 

  • Folgen für die Vergütungsansprüche/ Reichweite des Betriebsrisikos.

  • Entschädigungsansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz. 

Sonstige Maßnahmen 

  • Homeoffice, Geheimnisschutz, Datensicherheit, Arbeiten in Schichten bzw. zeitlich versetzt.

  • Belehrungspflichten und -obliegenheiten des Arbeitgebers (z.B. über Melde- oder Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers), Schutz- und Fürsorgepflichten (Erforderlichkeit eines Schutzkonzepts?).

  • Versetzungen, Umsetzungen, Zuweisung von anderen Tätigkeiten.

  • Flucht in die Insolvenz?

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